Bei der Dorn-Therapie (auch: „Dorn-Methode“ genannt) handelt es sich um eine Erfindung des Medizinlaien, Landwirts und Sägewerk-Betreibers Dieter Dorn (* 13. August 1938 – † 19. Januar 2011) aus Lauterach bei Memmingen.
Die Dorn-Therapie (Dorn-Methode) ist eine alternativmedizinische Methode, die – angeblich – zur Behandlung von „Beinlängendifferenzen“ verwendet wird. Sie kann als eine Variante der Chiropraktik mit Elementen der Traditionellen Chinesischen Medizin angesehen werden.
Die Dorn-Methode ist hauptsächlich in Deutschland anzutreffen. Häufig ist diese Methode mit Massageangeboten nach Rudolf Breuß (dann als „Dorn-Breuß-Methode“) kombiniert.
Die Kosten einer Dorn-Therapie werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, da es keinerlei belegten Wirksamkeitsnachweis gibt.
Zu Hintergrund und Inhalt der Therapie
Ab etwa 1975 entwickelte der Laie Dieter Dorn eine komplementärmedizinische, manuelle Methode, die er in Büchern und Kursen vermarktete. Typisch für die Dorn-Therapie ist eine manuelle Manipulation an der Wirbelsäule der zu behandelnden Person. Diese beschreibt Dorn beispielsweise in dem von ihm verfassten Buch „Die Haltungsschule der Dorn Methode“. Dorn beschreibt dabei (2. Aufl. 2013, Seite 100), wie der Behandler die Daumen beider Hände rechts und links neben die Wirbelsäule der zu behandelnden Person setzt und die Wirbelsäule dann von unten nach oben abgetastet wird:
Wenn er „dabei einen verschobenen oder verdrehten Wirbel gefunden hat schiebt er diesen mit dem Daumen am Dorn Fortsatz in die richtige Position. Nach links verschobene Wirbel sollen nach rechts gerückt werden und umgekehrt“ [Anm.: Gemeint ist vermutlich nach rechts verschobene Wirbel sollten nach links gedrückt werden].
Während dieser Prozedur soll die zu behandelnde Person seinen Blick gerade ausrichten und locker, aus dem Schultergelenk heraus, mit dem jeweils gegenüberliegenden Arm oder mit beiden Armen gegen gleichpendeln. Dabei soll die zu behandelnde Person langsam („möglichst hörbar“) ausatmen.
Die Dorn-Therapie ordnet ganz konkret Fehlstellungen (bzw. angebliche Fehlstellungen) bestimmter, einzelner Wirbel konkret spezifischen gesundheitlichen Problemen zu, z.B. werden Augenprobleme dem 2. Halswirbel, Zähne und Ohren, sowie Tinnitus und Akne dem 3. und 4. Halswirbel zugeordnet.
Die Dorn-Therapie basiert auf einer mechanistischen Sicht des Menschen. Dorn geht (ohne Beleg) davon aus, dass eine bestimmte Skelett-Statik optimal sei und erklärt – darauf fußend – alle möglichen Beschwerden dadurch, dass er behauptet, diese beruhten auf einer gestörten Statik.
Ursächlich hierfür sei meist ein „Beckenschiefstand“. Dorn selbst hat mehrfach erklärt, „fast jeder Mensch habe einen Beckenschiefstand, der ursächlich auf eine Verrenkung des Hüftgelenks zurückzuführen sei“. Wenn dem so wäre, wäre der „Schiefstand“ ja der Normalzustand und könnte kaum als „krankhaft“ angesehen werden.
Eine Dorn-Therapie beginnt entweder mit einer „Diagnose“ eines (vermeintlichen) Beckenschiefstandes oder mit der (oft äußerst fragwürdigen) „Diagnose“ einer “Beinlängendifferenz” (wobei die behandelte Person entweder auf dem Bauch oder auf Rücken liegt).
Insbesondere die von den Dorn-Anwendern vertretene Theorie eines „Beckenschiefstandes“, der durch einen nicht korrekt in der Gelenkpfanne sitzenden Hüftkopf bedingt sein soll, wird von Fachleuten aus Sicht der wissenschaftlichen Medizin als Beleg für ein fehlerhaftes Denkmodell der Dorn-Methode angeführt.
Gegenüber der Zeitschrift „Gesundheitstrend“ äußerte sich der Medizinlaie Dorn wie folgt:
„Wenn ich anatomische Kenntnisse gehabt hätte, hätte ich alles so kompliziert gesehen, daß ich mich vieles nicht getraut hätte.“
Die „Dorn-Therapie“ ist allgemein nicht anerkannt, da jeder wissenschaftliche Beleg für ihre Wirksamkeit in Form von klinischen Studien fehlt. Werbeaussagen, die sich oft auf Krankheitsbilder (Hexenschuss, Harndrang, Atemnot) beziehen, bei denen eine Dorntherapie angeblich Linderung oder Heilung zu spenden vermag, sind daher letztlich wissenschaftlich aus der Luft gegriffen.
Auch sind die Pathomechanismen nicht belegt, bzw. gänzlich unplausibel. Insbesondere die von Dorn-Anwendern vertretene Theorie eines Beckenschiefstandes, der durch einen angeblich „nicht korrekt in der Gelenkpfanne sitzenden Hüftkopf“ bedingt sei, wird – ganz im Gegenteil – von Fachleuten aus Sicht der wissenschaftlichen Medizin als Beleg für mangelndes medizinisches Grundlagenwissen und ein gänzlich unpassendes Denkmodell der Dorn-Methode angeführt.
Ist die Dorntherapie gefährlich?
Die Frage ist schwer zu beantworten, es fängt schon damit an, dass es keine einheitlichen und validen Leitlinien für die Anwendung gibt; mit anderen Worten, was die eine Behandlerin für Dorn-Therapie hält, kann sich erheblich davon unterscheiden, was ein anderer Behandler unter „Dorn-Therapie“ versteht. Hinzu kommt, dass die Dorntherapie meist von Laienbehandlern – vornehmlich von Heilpraktikern – durchgeführt wird. Das Heilpraktikergewerbe ist weder ein staatlich anerkannter Ausbildungs- noch ein Lehrberuf.
Generell ist zu sagen, dass es seit den 2010er Jahren eine größere Diskussion über die Risiken manualer Medizin gibt, die sich an der Chiropraktik entzündete. Insbesondere für Manipulationen an der Halswirbelsäule ist es heute höchst umstritten, ob sie nicht mit unvertretbar hohen Risiken für die behandelten Personen (z.B. für Schlaganfälle) einhergehen. Ob diese Risiken auch die ähnliche, aber eben nicht identische Therapiemethode der „Dorntherapie“ gelten, ist aktuell unklar.
Quellen und ergänzende Literatur:
Zur Gefahren bei Halswirbelsäulen-Manipulation in der Chiropraktik:
- Chiropractic’s Dirty Secret: Neck Manipulation and Strokes
- Edzard Ernst, Deaths after chiropractic: a review of published cases
- Edzard Ernst and Kevin Smith, Informed Consent, More Harm than Good?, (123-151), (2018).
- Gabrielle Swait and Rob Finch, What are the risks of manual treatment of the spine? A scoping review for clinicians, Chiropractic & Manual Therapies, 25, 1, (2017).
- Mina G. Safain, Jordan Talan, Adel M. Malek and Steven W. Hwang, Spontaneous atraumatic vertebral artery occlusion due to physiological cervical extension, Journal of Neurosurgery: Spine, 20, 3, (278), (2014).