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Foto: Andreas Weimann

Neben der Berufsgruppe der approbierten Mediziner hat es zu allen Zeiten Kurpfuscher, Scharlatane und Quacksalber gegeben. Sie wurden zeitweise von Ärzten oder Vertretern der Regierungen vehement bekämpft, in manchen Gegenden und zu manchen Zeiten ließ man sie gewähren. Nachdem in Deutschland im Jahr 1869 durch die Gewerbeordnung für den Deutschen Bund das Kurpfuschereiverbot aufgehoben worden war, setzte ein regelrechter Boom von Laienbehandlern ein. Einen vorläufigen Höhepunkt erlebte die Entwicklung um die Jahrhundertwende. Zu dieser Zeit gab es schon zahlreiche Versuche von ärztlichen Verbänden oder staatlichen Gesundheitsbehörden, dem Treiben ein Ende zu bereiten oder es zumindest einzudämmen, jedoch ohne erkennbare Erfolge.

Im ersten Weltkrieg dann haben es die Militärbehörden mit der Begründung, die Wehrkraft sei durch Kurpfuschertum gefährdet, teilweise geschafft, die übelsten Auswüchse einzudämmen. In der Zeit der Weimarer Republik kam es allerdings zu einem erneuten Erstarken der Laienheilerbewegung. Besonders durch die Mittel und Methoden moderner Reklamestrategien haben es einige Kurpfuscher geschafft, viele tausende Patienten zu sich zu locken und einen immensen Reichtum zu erlangen. Etliche Laienbehandler waren vehemente Impfgegner, sie rieten ihren Patienten ab, sich von Ärzten behandeln zu lassen, und machten ihnen Angst vor der „seelenlosen“ Schulmedizin. Sie schafften es immer besser, durch gezielte Fehlinformationen und öffentliche Denunziationen, das Vertrauen in die Ärzteschaft zu untergraben.

Die Gefahr, die dadurch für die Bevölkerungsgesundheit entstand, war der Grund, weshalb 1939 dann das Heilpraktikergesetz beschlossen wurde. Es sollte zumindest sicherstellen, dass sich keine kriminellen Subjekte mehr an kranken Menschen zu schaffen machen konnten und Geschlechtskrankheiten und gefährliche Seuchen sich nicht weiter ausbreiteten.

Dieses Gesetz gilt bis heute. Es war als Regulierung und als „Aussterbegesetz“ für Laienbehandler ausgestaltet, wurde jedoch in der Bundesrepublik durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in den 1950er Jahren ins Gegenteil, in eine Absicherung des Berufsbildes, verkehrt: mit dem Spruch, die berufsbeschränkenden Regelungen des Gesetzes (insbesondere das Verbot der Nachwuchsgewinnung) sei unvereinbar mit der Berufsausübungsfreiheit des Grundgesetzes. Der Gesetzgeber war offenbar außerstande, das Potenzial dieser Entscheidung für die Patientensicherheit zu erkennen, und beließ es dabei.

Die neueste Initiative, die sich kritisch mit dieser Situation befasst und die Abschaffung oder grundlegende Reform der Heilpraktikertätigkeit fordert, ist der Münsteraner Kreis um Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert (Lehrstuhl für Medizinethik an der Universität Münster). Die Mitglieder des Kreises prangern in einem „Münsteraner Memorandum Heilpraktiker“ an, dass durch die gesetzlich fixierte Bezeichnung „Heilpraktiker” Patienten suggeriert wird, es handle sich um staatlich geprüfte Heiler, die im Grunde äquivalent zu Ärzten ausgebildet seien.


Die Referentin Sylvia Stang ist Zahnärztin und engagiert sich im Sinne von Aufklärung und Patientenschutz gegen Pseudomedizin und Scharlatanerie.


Deutscher Konsumentenbund
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